„Kommunaler Neuanfang nach 1945“
Vortrag von Dr. Gisela Schwarze in Bocholt am 14. Mai 2009
Vortrag von Dr. Gisela Schwarze in Bocholt am 14. Mai 2009
Die Gesellschaft für historische Landeskunde lädt zu ihrem nächsten Vortrag am 14. Mai 2009 nach Bocholt ein. Es spricht Frau Dr. Gisela Schwarze zum Thema „Kommunaler Neuanfang nach 1945“. Der Vortrag im historischen Rathaus beginnt um 19:30 Uhr.
Nach dem Zusammenbruch des nationalsozialistischen Regimes musste ein politischer Neuanfang folgen. Unter welchen Bedingungen sollte er vollzogen werden bzw. wurde er schließlich vollzogen? Der Einmarsch der Alliierten bildete die entscheidende Zäsur. Am 23. März 1945 hatten britische und amerikanische Einheiten bei Rees und Wesel den Rhein überquert. Aber wurde mit der Besetzung auch alles anders? Welchen Rahmen gaben die Besatzer vor? Welche Ziele verfolgten jene Männer und Frauen, die neue oder alte Parteien aufbauten.
Neben diesen politischen Fragen beherrschten existentielle Probleme wie Wohnungsnot, Nahrungsmangel, Flüchtlingselend die Tätigkeit der Verwaltungsbeamten und damaligen Politiker. Schuldfrage und Entnazifizierung verunsicherten große Teile der Bevölkerung.
In ihrer bereits 1984 erschienenen regionalgeschichtlichen Analyse „Eine Region im demokratischen Aufbau. Der Regierungsbezirk Münster 1945/46“ geht Dr. Gisela Schwarze diesen Fragen nach. Der Untersuchungszeitraum umfasst die Monate vom Zusammenbruch 1945 bis zu den ersten Kommunalwahlen im September/Oktober 1946, also jene Phase der Nachkriegszeit, in der das politische Leben keimte.
Die Schwerpunkte des Vortrags werden die Gründung und der Aufbau der politischen Parteien sein: neben CDU, SPD und FDP das Zentrum und die KPD. Auch die Bildung von Gewerkschaften im Interessenfeld der politischen Parteien wird angesprochen werden. In den ersten Monaten waren es aber noch nicht so sehr die Parteien, sondern einzelne Persönlichkeiten, die den Neubeginn prägen sollten. Bei der Mehrzahl von ihnen stand zumindest zu Beginn ein subjektives Ethos der Verantwortung gegenüber dem eigenen Volk im Vordergrund. Den einen trug die christlich-religiöse Motivation, den anderen die politisch-ethische. Dieses Verantwortungsbewusstsein schloss aber Konflikte mit den demokratischen Ansprüchen jener Männer, die als Antifaschisten teils unter Verfolgungen auf die Stunde Null gewartet hatten, um eine Demokratie, was immer sie darunter verstanden, mit aufzubauen, nicht aus.
Extrem beispielhaft sind dafür die Vorgänge in Bocholt, wo Dr. Wilhelm Benölken unter dem vorrangigen Aspekt der Versorgung der Bevölkerung als Oberbürgermeister außerordentlich aktiv war, gleichzeitig aber mit seinem konservativen Misstrauen gegenüber Parteiansprüchen den Widerspruch von Vertretern aller Parteien hervorrief.
Die Untersuchung schließt mit den ersten Kommunalwahlen im September/Oktober 1946, weil mit ihnen die erste politische Aufbauphase abgeschlossen war. Die Parteien hatten eine erste Antwort des Wählers auf Forderungen und Ansprüche erhalten.
Dr. Gisela Schwarze arbeitete viele Jahre im Lehrberuf an Volksschule, Pädagogischer Hochschule und Gymnasium. Von ihr erschienen eine Reihe von Veröffentlichungen zur westfälischen Regionalgeschichte.
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